Das derzeitige Gewalthilfesystem für Betroffene von häuslicher Gewalt in Deutschland ist lückenhaft
Jedes Jahr steigt die Zahl der Frauen, die Opfer von Gewalt werden. Die Zahlen des aktuellen Lageberichts des Bundeskriminalamts sind erschütternd: Alle drei Minuten erlebt eine Frau oder ein Mädchen in Deutschland häusliche Gewalt. Jeden Tag werden mehr als 140 Frauen und Mädchen in Deutschland Opfer einer Sexualstraftat. Fast jeden Tag gibt es einen Femizid in Deutschland. Das derzeitige Gewalthilfesystem für Betroffene von häuslicher Gewalt in Deutschland ist lückenhaft. Die Finanzierung von Frauenhäusern und Fachberatungsstellen ist oft nicht ausreichend und je nach Bundesland und Kommune unterschiedlich.
Bestehende Hilfestrukturen müssen gesichert und ausgebaut, die Arbeit mit Betroffenen gestärkt und Präventionsmaßnahmen weiterentwickelt werden. Das war das Resümee eines Gespräches zum Thema „Gewalt gegen Frauen“, zu dem die SPD-Bundestagsabgeordnete und Parlamentarische Staatssekretärin Anette Kramme gemeinsam mit ihrer Kollegin aus dem Bayerischen Landtag, Sabine Gross, geladen hatte.
Anette Kramme informierte eingangs über das von SPD und Grünen in den Bundestag eingebrachte Gewalthilfegesetz. „Mit dem Gewalthilfegesetz liegt ein Entwurf für eine bundesweite und einheitliche Regelung mit dem Ziel eines verlässlichen und bedarfsgerechten Hilfesystems vor. Gewaltbetroffene sollen in Deutschland flächendeckend, rund um die Uhr und kostenfrei Hilfe und Unterstützung erhalten, unabhängig vom Wohnort, Einkommen oder körperlicher Verfassung.“
Kernelemente des Gesetzes seien zum einen der Rechtsanspruch auf Schutz und Beratung bei häuslicher und geschlechtsspezifischer Gewalt für gewaltbetroffene Personen und ihre Kinder. Zum anderen beteilige sich der Bund erstmalig, gemeinsam mit den Ländern an der Finanzierung. „Leider wurde das Gewalthilfegesetz von der FDP blockiert. Daher ist eine Verabschiedung vor den Neuwahlen wohl unrealistisch. Es sei denn, die Union springt über ihren Schatten und stimmt doch noch zu, damit Frauen endlich besser geschützt werden“, so Kramme.
Die anwesenden Vertreterinnen und Vertreter der Telefonseelsorge Ostoberfranken, von AVALON, dem Paritätischen Wohlfahrtsverband, der psychologischen Beratungsstelle der Diakonie, Catcallsof Bayreuth, der Caritas als Träger des Frauenhauses Bayreuth und der Interventionsstelle proaktive Beratung gegen häusliche Gewalt, der Opferhilfe Oberfranken e.V., des Kinderschutzbundes Bayreuth sowie der Universität Bayreuth berichteten aus ihren Bereichen und mahnten vor allem eine bessere Finanzausstattung an. Ob Frauen Schutz und Hilfe bei häuslicher Gewalt finden oder nicht, dürfe nicht vom Wohnort abhängen. Schutz und Unterstützung in Frauenhäusern müssen in allen Regionen Deutschlands gleichermaßen gesichert und zugänglich sein.